Gotthelf als Feldprediger

 

Am 06.10.2015 besuchten wir das Gotthelf Zentrum in Lützelfülh, um uns an der Wirkungsstätte von Pfarrer Albert Bitzius, der unter seinem Schriftstellerpseudonym Jeremias Gotthelf weit bekannter ist, mit dessen Leben und Werk sowie den Auswirkungen auf die heutige Armeeselsorge in der Schweizer Armee zu beschäftigen.

In einem ersten Teil führte uns Frau Verena Hofer vom Gotthelf Zentrum wortgewaltig mit ihrem Vortrag durch die Biografie und in einer kurzen Führung durch das Museum im alten Pfarrhaus, wo Jeremias Gotthelf von 1831 bis zu seinem Tod im Jahre 1854 gewirkt hatte.

In einem zweiten Teil präsentierte uns Hptm Stefan Junger, Chef Armeeselsorge, seine Aufgaben und Tätigkeitsfelder innerhalb der Armee. Dabei verriet er uns, dass Albert Bitzius gestützt auf seine Erfahrungen aus dem Jahr 1831, indem er als Feldprediger mit den Berner Truppen über den Jura ins von Unruhen erschütterte Baselbiet marschiert war, der Berner Regierung wesentliche Reformvorschläge für den eidgenössischen Feldpredigerdienst vorgeschlagen hatte. Folgende drei Punkte wurden später umgesetzt und haben bis heute ihre Gültigkeit:

- feste und langjährige Zuteilung des Feldpredigers zu einem Truppenkörper: „Er muss mit dem Bataillon bekannt gemacht werden, im Frieden muss man auf den Krieg sich rüsten.“

- persönliche Eignung der Feldprediger: „Kein Canditat darf als Feldprediger angestellt werden vor 5 Jahren nach seiner Consecartion, denn zu dieser Stelle bedarf er wenigstens so viel Erfahrung und Mannlichkeit als zu einer Credit-Pfrund. Er muss des Worts mächtig sein, aufsetzten und ablesen kann man nicht immer, nie in den wichtigsten Augenblicken. Er darf weder Rigorist noch frivol sein, muss Gewandtheit im Umgang mit Menschen besitzen.“

- der Feldprediger ist in Rang und Besoldung dem Hauptmann gleichgestellt

Albert Bizius sah den Sinn dieser Veränderung darin, „damit wir auf neue Weise im Kreise unseres Berufes dem Vaterlande dienen können, damit unser Stand sich ehren, der Laie erkennen möchte, dass wir kein Vorrecht begehren als das: mit den Waffen des Geistes neben ihm zu stehen, ihn zu begeistern, den angeerbten Muth ihm zu erwecken und ungeschwächt zu erhalten, wenn er mit scharfer Waffe dem andrängenden Feinde wehrt, mit ihm lebend oder Todt die Wahlstatt zu behaupten, wenn der Geist unseres Reformators das Vorbild unerschütterten Todesmuthes fordert.“

Freilich definierte Hptm Stefan Junger die Aufgaben der heutigen Armeeselsorge weit weniger pathetisch und angepasst auf die deutlich friedlicheren Rahmenbedingungen unserer Zeit mit einem breiten Spektrum von Aufgaben im Truppendienst. Wobei sich der Chef der Armeeselsorge ein Armeeselsorger wünscht, der sich nicht aufdrängt, sondern seinen Kameradinnen und Kameraden mit der Frage „was kann ich für Dich tun?“ zur Seite steht.

Den Abend haben wir bei einem gemütlichen Apéro ausklingen lassen.

Quellennachweis: Die Zitat von Jeremias Gotthelf/Albert Bitzius entstammen alle dem Artikel von Oberst Hans Braschler, Jeremias Gotthelf als Begründer des Feldpredigerstandes, ASMZ Nr. 9/1977, Seite 383 f.

 

 

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